Ihr wollt wissen wie ich denn so lebe,
in Afrika?
Heute ist Sonntag, allerdings ein ganz besonderer, denn
David macht heute seine Abschluss-Pruefung zum Tauchlehrer. Ich mache
mir keine Sorgen, denn bei allen Zwischentests war sein Instructor-Trainer hellauf begeistert von seiner Leistung. Gestern und heute ist
Papa dabei, guckt was der Grosse so treibt und passt auf, dass er den
Family-Instructor-Examen-Punkte-Schnitt von 97% nicht unterschreitet
:-)
Naja, eigentlich geht es bei ihm mehr
um die Kontaktpflege zu „Course Directors“ und „Dive
Instructors“. Auf alle Faelle werden wir heute Abend 2 PADI
zertifizierte Tauchlehrer in der Familie haben, DIE Fachgespraeche
koennt ihr euch vorstellen!
07:00 aufstehen, ein Schluck
tuerkischer Kaffee, eine Tasse schwarzer Tee, ich bereitete den Jungs
ein paar Sandwiches zum Mitnehmen vor, denn wer weiss ob und wann sie
heute etwas zwischen die Zaehne kriegen. Wasser und Fruchtsaft nicht
vergessen!
Ich inspiziere den Kuehlschrank. Wasser
reicht noch fuer heute. Ich fuelle das kostbare Nass vom
5-Liter-Kanister um in Literflaschen (weil das handlicher fuer mich
ist). Den leeren Wasserkanister befuelle ich im Bad mit
Leitungswasser, als Reserve, wenn wieder mal kein Wasser aus der
Klospuelung kommt, oder zum Duschen. Unsere Schmutzwaesche von
gestern packe ich in einen Plastikbeutel, fuer die Laundry. Gemuese
brauche ich …. also werde ich einkaufen fahren.
08:30 Nach der lauwarmen Dusche (der
Tank liegt auf dem Dach und ist sonnenerwaermt) mache ich mich auf
die Socken. Die Hitze oeffnet schockartig meine Schweissporen, denn
im Haus kuehlt die Klimaanlage auf angenehme 25 Grad. Die Klamotten
gebe ich zwei Strassen weiter in der Laundry ab, das funktioniert
hier wie in Thailand. Kaum einer hat eine Waschmaschine Zuhause. So
bringen wir die Waesche in die Waescherei. Waschen und buegeln fuer
25 Pfund (3 €).
Wenige Gehminuten entfernt ziehe ich
ein paar Scheine aus dem ATM Automaten und halte ein Sammeltaxi an.
Diese oeffentlichen Verkehrsmittel liebe ich besonders. Eine
Handbewegung und sie stoppen an jeder beliebigen Stelle und fuer 50
Piaster (65 Cent) befoerdern sie mich durch die Stadt. Die orangen
Taxis nutze ich ungerne, denn sie zocken die Europaeer gnadenlos ab.
5 Minuten spæter verlasse ich den Minibus direkt vor einem Obst-und
Gemuesestand. Die angebotene Ware stammt aus dem Niltal, nichts davon
ist EU Import. Woher ich das weiss? Weil die Fruechte ueberhaupt
nicht EU Anforderungen entsprechen. Sie sind zu klein, zu verbogen,
zu fleckig, zu natuerlich! und von der allgegenwaertigen
Sandstaubschicht ueberzogen. Zwiebeln, Zucchinis, Birnen, Netzmelone,
Mangos u. Tomaten, fuer insgesamt 30 Pfund (4 €) packe ich
zusammen. Kartoffeln wollte ich auch noch mitnehmen, aber ich muss
alles schleppen, also verschiebe ich das auf den naechsten Einkauf.
Viele Laeden sind am Vormittag noch
geschlossen und werden es vielleicht auch bis zum Abend bleiben. Um
18 Uhr, wenn die Sonne verschwunden ist, beginnt erst das ægyptische
Treiben. Geschaefte oeffnen, die Menschen stroemen auf die Strassen,
das Handeln und Feilschen geht los, Maenner sitzen in den Coffee
Shops und geniessen die Shisha (Wasserpfeife). In den ersten Tagen,
als wir auf Wohnungssuche waren, rief unser Kontaktmann um 20 Uhr an,
dass er in einer halben Stunde von der Arbeit nach Hause kaeme und
dann koennten wir 2 Wohnungen besichtigen. Eine halbe Stunde bedeutet
mindestens 1,5 Stunden, ergo besichtigen wir die Wohnung um 23.30 Uhr
!!! Denn vorher wird in Ruhe gegessen.
Das ægyptische Abendessen besteht aus
Fleisch (meist Huhn oder Rind, manchmal auch Ziege oder Kamel), Reis,
Nudeln, Bohneneintopf, geduenstetem Gemuese, Tomaten- Gurken-
Paprikasalat und sehr suessem Nachtisch. Fladenbrot nicht zu
vergessen. Dazu trinkt man Wasser oder Fruchtsaefte, Bier ist nur in
Touristenrestaurants erhaeltlich.
Beladen mit meinen Einkaeufen hole ich
noch die fertige Wæsche ab, 5 Minuten spaeter bin ich wieder
Zuhause. Voellig verschwitzt und durstig wie ein Kamel. Ein Glas
Wasser und noch eins und noch eins, ich glaube, meine Maenner muessen
heute noch Wasser holen. Diese 5-Liter-Kanister zu schleppen ist
Maennerjob. Wir haben einen kleinen Supermarket entdeckt, der uns
offenbar etwas weniger ueber den Tisch zieht, als die anderen. Aber
grundsaetzlich gilt, Europaeer zahlen einen bis zum 10-fachen
hoeheren Preis (fuer alles) als Einheimische. Das ist ein guter Grund
die arabische Sprache zu lernen, denn im selben Ausmass wie ihre
Akzeptanz waechst, verringert sich die Abzocke.
10:00 Ich bin hungrig. 1 Zwiebel
duenste ich an, bestaeube mit Curry und …. oh wie das duftet, gebe
kleingehackte Zucchinis und Tomatenstueckchen dazu. Wuerze mit Chili
und Salz und zerstossenen Cardamomsamen. Diese Mischung koennen wir
lauwarm oder kalt essen (wie italienische Antipasti) oder als Beilage
zu Reis, Nudeln, Couscus. Ich habe noch etwas gekochten Reis von
gestern, damit bereite ich nun „fried rice“ im Wok zu, Oel in die
Pfanne, Curry und Salz, darin den Reis anbraten (1 Zimtstange macht
es exotisch) und 2 Loeffel von der fertigen Gemuesemischung
daruntermischen. Das ist mein spætes Fruehstueck bzw. fruehes
Mittagessen. Dazu leere ich das naechste Wasserglas. Ich bin etwas
dehydriert, denn gestern hatte ich mit „Montezumas Rache“ zu
kæmpfen und konnte meinen Wasserverlust noch nicht wieder
auffuellen.
11:45 der Muezin ruft zum Gebet – die
Minarette haben Lautsprecher in alle Himmelsrichtungen und erinnern
die glaeubigen Moslems daran, dass sie 5x am Tag beten sollen.
Ich braeuchte Bettwaesche zum Wechseln,
weiss aber nicht, wo ich welche bekomme. In den Sukk (Marktviertel)
gehe ich ungerne. Die Haendler sind penedrant aufdringlich und ich
fuehle mich nur in Peters Gegenwart wirklich sicher. Es ist ja nicht
so, dass sie einem etwas taeten, aber ich mag es nicht von fremden
Haenden angetatscht oder zum Kaufen genoetigt zu werden. Vor ein paar
Tagen haben wir dort ein paar Handtuecher erstanden und Glaeser und
danach bin ich nach Hause gefluechtet, ich hatte einfach keinen Bock
mehr auf shoppen. Vielleicht kann ich Peter morgen noch zu einem
weiteren Besuch ueberreden :-)
Naechsten Donnerstag startet Peters
erste 7-taegige Tauchsafari auf der „Mermaid I“ – Mittwoch
Abend kommt das Boot zurueck, dann haben wir eine gemeinsame Nacht
und Donnerstag um 6 Uhr frueh geht’s wieder los. Das Boot ist bis
nach Weihnachten voll ausgebucht und ich kann mich darauf einstellen,
waehrend der naechsten 4 Monate, meinen Mann 1 Abend pro Woche zu
sehen, mehr Freizeit ist waehrend der Hochsaison nicht drin. Er wird
aber viel Spass beim Tauchen haben und wenn die Kohle stimmt, dann
ziehen wir 1 Stock hoeher in die Dachwohnung mit Dachterrasse und
Meerblick.
Zum oeffentlichen Strand ist es nur ein
Katzensprung von 2-3 Minuten, d.h. ich kann plantschen gehen wann
immer ich Lust dazu habe. Die Wassertemperatur liegt nahe 30 Grad und
das finde ich suuuuper!!! Zum ersten Mal im Leben sehe ich
muslimische Familien beim Badeausflug. Die Frauen unterschiedlich
tief verschleiert, aber auch die Unverschleierten tragen Leggins und
Shirts mit denen sie ins Wasser gehen. Ihre Mænner sind in Badehosen
wie die Europaeer aber auch Kleinkinder laufen nicht nackt herum.
12:30 Anruf von Peter – David hat
seine Dive Instructor Pruefung (Tauchlehrer) mit Bravour bestanden
!!!! Mutterherz huepft vor Freude, Glueck und Stolz. Die naechsten 4
Tage geht’s aber noch weiter. Er muss noch die Pruefungen zum EFR
(Erste Hilfe) und Nitrox (Gasgemisch) Instructor ablegen und dann
steht erstmal „ausschlafen“ auf seiner to-does-list !!
Jetzt warte ich auf die Rueckkehr
meiner Maenner und beim Abendessen werden wir mit einem Bierchen den
frischgebackenen Instructor begiessen. 9.Sept.2012